Schweizerische Menopausengesellschaft

Die Psyche in der Menopause

Viele Frauen leiden in der Zeit um die Menopause an einer Verschlechterung ihres psychischen Befindens mit erhöhter Stimmungslabilität und Reizbarkeit, Nervosität, Schlafstörungen und depressiver Verstimmung. Auch schwere Depressionen und sogar Psychosen treten in dieser Zeit vermehrt auf.

Die Ursachen hierfür können sehr vielfältig sein. Häufig spielt der Verlust der körpereigenen Produktion der Sexualhormone, insbesondere der Östrogene, eine Rolle. Bedeutsam sind aber auch die vielfältigen psychosozialen und körperlichen Veränderungen, die Frauen in dieser Zeit erleben. Es handelt sich um eine Lebensphase, in welcher oft viele Belastungen zusammenkommen. Dies muss nicht, kann aber bei Frauen zu psychischen Beschwerden führen, insbesondere wenn sie zu solchen neigen.

Die Menopause, also die letzte Regelblutung, tritt heute im Mittel im 51. Lebensjahr auf, aber schon etwa 5 Jahre davor beginnt die Östrogenproduktion in den Eierstöcken nachzulassen. Damit verlieren Frauen eine natürliche Substanz, die zu ihrer psychischen Stabilität beigetragen hat. Östrogene beeinflussen im Gehirn nämlich die verschiedensten Botenstoffe, die für das seelische Befinden wichtig sind, auf positive Weise. Dadurch können sie Depressionen verhindern oder vermindern und wahrscheinlich auch Aggressivität, Psychosen und Gedächtnisfunktionen positiv beeinflussen sowie vor den Auswirkungen von Stress schützen. Östrogene sind wegen dieser zahleichen positiven Effekte auch schon als „Psychoschutz der Natur“ bezeichnet worden.

Der Östrogenverlust führt ausserdem zu nächtlichen Hitzewallungen mit Schlafstörungen, was indirekt noch zusätzlich zu einer Verschlechterung des Befindens beitragen kann.

Frauen, bei denen sich ihr seelisches Befinden nach dem 40./45. Lebensjahr auffällig verschlechtert, sollten also immer daran denken, dass dies mit der beginnenden Menopause zu tun haben könnte. Sie sollten unbedingt ihren Frauenarzt und bei stärkeren Beschwerden auch einen Psychiater aufsuchen und nach einer Abklärung und Behandlung fragen.

Für die Therapie psychischer Störungen stehen in dieser Zeit nicht nur die üblichen psychiatrischen Behandlungen mit Psychopharmaka, Psychotherapie, Entspannungsverfahren, sozialen Massnahmen etc. zur Verfügung, sondern auch die Östrogentherapie. Dabei sollte vor allem das natürliche 17-ß-Estradiol eingesetzt werden, das das absinkende körpereigene Estradiol ersetzt. Nur für dieses wurde eine positive Beeinflussung der Psyche nachgewiesen.

Auch sollten wegen der besseren Verträglichkeit vor allem Hautpflaster in niedriger Dosierung eingesetzt werden.

Bei Frauen, die noch eine Gebärmutter haben, muss das Östrogen mit Gestagenen kombiniert werden. Diese wiederum können negative Auswirkungen auf die Psyche haben, weshalb bestimmte Anwendungsformen bevorzugt werden sollten.

Gerade bei Depressionen kann eine solche Hormon-Ersatztherapie sehr hilfreich sein. Bei schwereren psychischen Erkrankungen müssen selbstverständlich immer auch antidepressiv wirkende Medikamente eingesetzt werden, die im übrigen – entgegen einer weit verbreiteten Meinung – nicht abhängig machen. Dagegen sollte die längere Verwendung von Schlafmitteln, die tatsächlich abhängig machen können, vermieden werden.

Auch der Psychotherapie kommt in dieser Lebensphase eine wichtige Bedeutung zu, da Frauen in dieser Zeit häufig sehr vielen psychosozialen Belastungen ausgesetzt sind. So werden sie durch die Menopause nicht nur mit dem Verlust ihrer Fruchtbarkeit konfrontiert, sondern haben sich auch mit dem Übergang in eine neue Lebensphase auseinanderzusetzen. Häufig bestehen grosse Ängste in Bezug auf den eigenen Körper, das Altern, die Attraktivität, die Sexualität etc.. Gleichzeitig erleben Frauen in dieser Zeit oft zahlreiche äussere Belastungen und Verluste, etwa durch die Pflege der Eltern oder deren Tod, den Wegzug der erwachsen gewordenen Kinder, den Verlust des Partners oder eine Verschlechterung der eigenen körperlichen Gesundheit.

Die Abklärung und Behandlung von psychischen Beschwerden bei Frauen nach dem 40./45. Lebensjahr sollte also unbedingt eine ganzheitliche sein, die sowohl die hormonellen und anderen körperlichen Aspekte als auch die psychiatrisch-psychotherapeutischen Möglichkeiten umfasst. Wichtig ist dabei, dass vor einer Therapie immer eine gute Abklärung stehen sollte, bei der andere Ursachen, wie etwa Schilddrüsenfunktionsstörungen etc. ausgeschlossen werden. Eine optimale Abklärung und Behandlung ist oft nur in Zusammenarbeit zwischen Frauenarzt und Psychiater möglich.


Prof. Dr. med. Anita Riecher-Rössler
Psychiatrische Poliklinik

Universitätsspital
Petersgraben 4
CH-4031 Basel